Glaubenskirche Architektur

Modernes Gebäude mit Glasfronten und mit Innenhof

Kirche und Gemeindezentrum bilden ein Geviert mit einem kleinen Innenhof.

Die Glaubenskirche in der Braunhubergasse 20 ist eine Perle protestantischen Kirchbaus in Österreich. Sie wurde von Architekt Roland Rainer, bekannt für seinen Bau der Stadthalle oder des ORF-Zentrums, geplant. 1952 hatte der Oberkirchenrat einen Wettbewerb für eine evangelische Musterkirche ausgeschrieben, den Rainer gewann. 1962/63 wurde die Glaubenskirche nach diesem Entwurf als 100. evangelische Kirche nach Ende des Zweiten Weltkriegs errichtet.

Die Glaubenskirche ist heute eine der wichtigsten Arbeiten des modernen Kirchenbaus in Österreich – ein schlicht gehaltener Kubus aus Beton, Ziegeln und Glas mit einem Asphaltboden. Kirche und Gemeindezentrum bilden ein Geviert mit einem kleinen, begrünten Hof in der Mitte. Von den Kirchenbänken aus kann man so zur rechten Seite in den Hof schauen. Auch hinter dem Altar ist eine Glasfront, die den Blick ins Grüne frei gibt. Dem Kirchraum angeschlossen und nur durch eine Holzschiebewand getrennt, ist der Gemeindesaal.

„Roland Rainer hat versucht, auf dem kleinen, damals von Industriebauten umgebenen Grundstück bewusst die Insel einer religiösen Gemeinschaft zu artikulieren, indem er einerseits die charakteristischen städtebaulichen Elemente (umgrenzende Mauer, eingeschlossener Hof) aufnahm, andererseits durch den Baukörper des Saales und den Glockenträger eine Zeichenhaftigkeit erreichte, die der Semantik des  katholischen Kirchenbaus ebenbürtig war.“ (Friedrich Achleitner, „Österreichische Architektur im 20.Jahrhundert, Band III/1“, Residenz Verlag 1990).

Rainer selbst sagte über seinen Entwurf: „Wir bauen unsere Kirche in eine stille Seitenstraße. Man geht durch einen niedrigen Gang, tritt von hinten durch ein niedriges Tor in den hohen stillen Kirchenraum und hat das lichte Kreuz aus Glasbausteinen an der Altarwand vor sich. Der Mensch muss heute aus Un­ruhe und Lärm seines Lebens zur Besinnung und Einkehr geführt werden, da­mit er wirklich beten und Gottes Wort hören kann. Darum wollen wir in unse­rer kleinen Diasporakirche nicht in falsche Konkurrenz mit Macht und Pracht der Welt oder der römischen Großkirche treten – wir wollen mit anderen Bau­mitteln, wie Stahl, Beton, Glas und immer wieder mit dem bodenständigen Fichtenholz, unter Verzicht auf fal­schen Prunk, unechten Schmuck, täuschende Fassaden, also echt und wahrhaftig, aber eben darum würdig bauen.“

 

Umbau 2016

Gut 50 Jahre später wurden nach einem Entwurf von Architekt Wolfgang Hochmeister die Arbeitsräume der Glaubenskirche um ein Büro erweitert, eine barrierefreie Toilette wurde eingebaut, die Pfarrerwohnung wurde neu strukturiert und die Bausubstanz des Pfarrhauses generalsaniert. Pfarrhaus und Gemeindezentrum sind jetzt durch diesen Bürozubau verbunden.

Architekt Hochmeister über seinen Entwurf: „Grundidee des Entwurfes ist es, die bereits erwähnte Zeichenhaftigkeit der Glaubenskirche durch die Erweiterung nicht zu schwächen und das Erscheinungsbild des Pfarrhauses zu stärken. So ist der verbindende Zubau, obwohl als Erweiterung der Glaubenskirche geplant, gestalterisch als Erweiterung des Pfarrhauses gedacht. Bauflucht und Dachform des in massiver Holzbauweise ausgeführten Zubaus orientieren sich am Pfarrhaus und nicht an der Glaubenskirche. Die überarbeitete Traufenlinie des Pfarrhausdaches findet ihre Fortsetzung im neu gebauten Dach des Zubaus und bildet einen Kontrast zum Flachdach der Glaubenskirche. Die Ausbildung einer räumlichen Fuge zwischen Kirche und Zubau schafft eine zusätzliche formale Distanz zwischen dem Zubau und der Glaubenskirche. Im Innern des um den Zubau erweiterten Pfarrhauses wird die Grundidee des Entwurfs durch zwei nach Südwesten orientierte Oberlichtbänder unterstützt. Ein Oberlichtband befindet sich im neuen Zubau und eines im neu gestalteten Wohnraum. Mit dem Aufklappen des Daches über dem Wohnraum öffnet sich dieser nach Südwesten, das Oberlichtband lässt zusätzliches Licht in den Wohnraum und gibt den Blick auf die Glaubenskirche frei. Das im Innern neu strukturierte und generalsanierte Pfarrhaus wird durch die Gestaltung des Zubaus aufgewertet. Die vertraute formale Einheit der Glaubenskirche bleibt trotz räumlicher Verbindung mit dem Pfarrhaus erhalten und klar ablesbar.“

Nach Oben