Geschichte

Barackenkirche aus Holz mit kleinem Turm.

In den 1950iger Jahren feierte die Gemeinde ihre Gottesdienste in der Barackenkirche.

Für das Wachsen der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich sind, historisch betrachtet, vier Gruppen wichtig: die Geheimprotestanten, die den evangelischen Glauben über die Gegenreformation retteten und ab dem Toleranzpaten 1781 die so genannten Toleranzgemeinden bildeten; eine Eintrittsbewegung um 1900 im Zuge der von deutschnationalen Kräften getragenen Los-von-Rom-Bewegung; eine weitere Eintrittsbewegung während des Ständestaats der vornehmlich aus der römisch-katholischen Kirche ausgetretenen Arbeiterschaft; und die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen nach dem 2. Weltkrieg. Die Evangelische Pfarrgemeinde A.B. Wien-Simmering wurde vor allem von den beiden letztgenannten Gruppen maßgeblich mitgeformt.

Die Spuren evangelischen Lebens während der Reformationszeit auf dem Gebiet des heutigen 11. Bezirk sind spärlich. Die Entwicklung hier wird wohl ähnlich wie sonst in Niederösterreich verlaufen sein: Bis in die 1540iger-Jahren hatte sich die Reformation rasch ausgebreitet, der Adel war zu 90% der neuen Lehre zugetan. Visitationsprotokolle der katholischen Kirche berichten von protestantischen Predigern vor Ort. Die katholische Kirche versucht, ihrer Herr zu werden. Ab 1576 arbeitet der habsburgische Landesherr Rudolf II. daran, die religiöse Einheit wieder herzustellen. Die Gegenreformation gewinnt an Fahrt und setzt sich durch. Es wird ruhig um die Evangelischen in Simmering – für lange Zeit.

1934 wird der Ständestaat in Österreich errichtet. Dem gehen heftige Kämpfe zwischen Heimwehr und Schutzbund voraus – auch in Simmering, das im 19. Jh. industrialisiert und Wien eingemeindet geworden war. Im „roten Simmering“ sind viele aus der katholischen Kirche ausgetreten. Weil die Konfessionslosigkeit im Ständestaat Nachteile bringt, tritt mancher in die evangelische Kirche ein. Man feiert zunächst in einem Gottesdienstraum in der Fickeysstraße 15 – Simmering gehört damals zur Gemeinde Landstraße. Dann übersiedelt die Predigtstelle in ein Notquartier in der Leberstraße, später in die altkatholische Kirche in der Felsgasse, bis diese 1944 durch Bomben zerstört wird. Der erste Gottesdienst nach dem Krieg wird am 25.12.1945 im Zeichensaal des Gymnasiums in der Gottschalkgasse gefeiert, wo weiterhin Gottesdienste stattfinden.

1946 genehmigt der Oberkirchenrat die Gründung einer Teilgemeinde Wien-Simmering. Im November 1948 wird Hans Fischer als erster Pfarrer ins Amt eingeführt, Neujahr 1949 wird die Simmeringer Gemeinde selbständig. Die Gemeinde ist nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gewachsen, viele deutschsprachige Menschen sind vor allem aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens als Flüchtlinge und Vertriebene nach Simmering gekommen. Im Flüchtlingslager in der Haidestraße leben über 100 evangelische Familien. Dort wird in einer Verwaltungsbaracke am Karsamstag 1950 der erste Gottesdienst gefeiert. Da die weitere Benutzung dieses Raumes verweigert wird, werden die regelmäßigen Bibelstunden in einzelnen Familienunterkünften gehalten. Mit Mitteln der Ökumene und der Caritas wird eine Barackenkirche im Lager gebaut, die Dreifaltigkeitskirche wird 1951 eingeweiht und von beiden Konfessionen genutzt.

Wenige Monate später erfolgt der Spatenstich für die Errichtung einer Notkirche aus Holz an der Stelle der heutigen Glaubenskirche. Erst ein Jahrzehnt später, 1963, öffnet die Glaubenskirche in der Braunhubergasse nach eineinhalb Jahren Bauzeit ihre Türen. Für die Evangelische Kirche A.B. in Österreich ist die Glaubenskirche eine besondere: Sie ist die 100. Kirche, die nach 1945 gebaut wurde – nach einem Entwurf des Wiener Stadtarchitekt Roland Rainer.

Mitte der 1990iger Jahre wird ein weiteres Bauprojekt gestartet. Groß sind die Erwartungen. Der Leberberg im Osten Simmerings gilt als Stadterweiterungsgebiet. Auch die evangelische Gemeinde wird wachsen, glaubt man. Und plant ein neues zweites Gemeindezentrum in Simmering. Am 19.10. 1997 wird die Arche eingeweiht. Anja Houba ist die erste Pfarrerin der Predigtstelle Arche, auf sie folgen Pfarrerin Gerda Pfandl, Pfarrerin Johanna Zeuner und Pfarrer Carsten Marx. Leider entwickelt sich weder der Leberberg insgesamt noch die Zahl der Evangelischen im Arche-Sprengel wie erwartet. Der „Seelenstand“, wie es so schön heißt in der Kirchensprache, am Gebiet der Arche liegt bei etwas mehr als 700. Das Gemeindezentrum Arche ist zu groß und zu teuer für die geringe Anzahl der Gläubigen im Sprengel. In langen Gesprächen zwischen VertreterInnen der Gemeinde und der Kirchenleitung kristallisiert sich heraus: Die Arche soll an die Rumänische Baptistengemeinde verkauft werden. Für die Menschen, die in der Arche zu Hause und engagiert waren, die Ideen, Zeit, Kraft und auch Geld in das Projekt Arche investiert haben, die dort konfirmiert wurden, geheiratet haben und ihre Kinder taufen ließen, bedeutet das einen schweren Abschied und einen großen Verlust – ist aber auch verbunden mit vielen schönen Erinnerungen. Die Arche ist ein wichtiger Teil der Geschichte unserer Gemeinde. Seit Herbst 2016 konzentriert sich das Leben der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. in der Glaubenskirche.

 

Die Pfarrer und Pfarrerinnen der Glaubenskirche:

Schwarzweiß Foto eines älteren Herrn mit weißen Haaren und Brille

Im Vertrauen auf sein Leitwort „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt“, das noch heute beim Kircheneingang zu lesen ist, wurde in der Amtszeit des ersten Pfarrers von Simmering die Glaubenskirche erbaut.

Pfarrer Hans Fischer, 1948 - 1968
Älterer Herr mit grauen Haaren und Brille

„Wenn ich nicht 1982 zum Superintendenten gewählt worden wäre, wäre ich gerne noch einige Jahre in Simmering geblieben. Es war eine intensive, aber schöne Zeit, die ich nicht missen möchte in meinem Leben."

Pfarrer Werner Horn, 1969 - 1982
Mann mit sehr kurzen Haaren und Brille
Pfarrer Frank Lissy-Honnegger, 1982 – 1986
Junge Frau mit mittellangen Haaren und Brille

„Wir haben miteinander gelebt und gelernt: geduldige Beharrlichkeit, trotzigen Mut, demütigen Stolz, widerspenstige Hoffnung, wahrhaftige Festlichkeit.“

Pfarrerin Lydia Burchhardt, 1987 – 2004
Mann mit Glatze und Brille

„Gemeinsam mit engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durfte ich daran bauen, dass die Gemeinde Heimat ist für viele verschiedene Menschen.“

Pfarrer Sepp Lagger, 2004 - 2016

"Als Pfarrerin mochte ich besonders, so vielen verschiedenen Menschen zu begegnen; ich mag Menschen einfach und finde spannend, was sie zu erzählen haben."

Pfarrerin Maria Katharina Moser, 2016 - 2018
Nach Oben